CURA SeniorenCentrum Bad Sassendorf

Eine Geschichte aus der Pflege…

Gerne möchten wir Sie an einer berührenden Geschichte unserer Pflegefachkraft Alexandra Hauptmann teilhaben lassen:
Im Februar 2017 bekamen wir die Information über den Einzug eines neuen Bewohners. Außergewöhnlich daran war das Alter und die Diagnostik dieses zukünftigen Bewohners.
Die Diagnostik war erschreckend, ein Herr mit Mitte 50 mit mehreren Schlaganfällen. Der nötige Pflegeaufwand machte uns keine Sorge, aber das Alter des neuen Bewohners. Viele meiner Kollegen und ich hätten seine Kinder sein können, andere sind gleich alt oder etwas jünger.
Mit dem Ankommen in unserer Einrichtung bestätigte sich der vorher mitgeteilte Pflegeaufwand. Herr Jürgen (wie wir ihn liebevoll nennen wollen*) war in allen Bereichen voll auf unsere Hilfe angewiesen. Er konnte sich nicht waschen, war vollständig immobil und konnte keine Speisen oder Getränke zu sich nehmen, weil das Risiko des Verschluckens zu groß war. Er wurde daher künstlich über eine Magensonde ernährt.
Er konnte sich verbal nur sehr gering mitteilen, da seine Muttersprache russisch ist, das machte die Pflege nicht einfacher. In wie weit er orientiert war, konnten wir nicht feststellen. Die Wortäußerungen, die er uns mitteilte, waren ein reines Durcheinander seiner Gedanken.
Die anfängliche Versorgung war nur zu zweit möglich. Er war nicht kooperativ, zeitweise hatte man den Eindruck, dass er einfach nicht mehr leben möchte. Die Pflege war von beiden Seiten durch viel Scham geprägt.
Es gab viele Dienstübergaben, wo es hauptsächlich um Herrn Jürgen ging, nicht immer waren wir uns einig aber in einem Punkt waren wir es, wir werden nicht aufgeben und das Bestmögliche für ihn rausholen. Wir baten in Gesprächen mit dem Hausarzt um die Verordnung von Physiotherapie. Dieser meinte wir sollten erst einmal den weiteren Verlauf abwarten bis zur nächsten Visite. Eine Antwort, die absolut nicht das war, was wir hören wollten, jedoch mussten wir das so hinnehmen und beschlossen, dass wir es dann halt selbst machen….
Wir fingen an, ihm langsam und schluckweise Getränke zu geben, ihn auf die Bettkante zu mobilisieren. Er fing an, mit uns zu sprechen, nicht nur in seiner Muttersprache, sondern auch auf deutsch. Das Erste, was er einwandfrei sagen konnte, waren unsere Namen. Er konnte die Namen den Personen adäquat zuordnen. Wenn Herr Jürgen etwas wollte, rief er z.B. immer den Namen der Personen, die gerade Dienst hatten und das so laut, dass man es über den ganzen Wohnbereich hören konnte. Wir freuten uns!!!
Getränke konnte er mittlerweile gut zu sich nehmen, also gingen wir zum nächsten Schritt. Seine erste Mahlzeit war eine Milchsuppe, seine Worte dazu waren: ,,Schmeckt nicht besonders aber ich esse!!“.
Und so gingen die Wochen rum bis zur Visite. Wir haben ihn in dieser Zeit in einen Rollstuhl mobilisiert, er bekam passierte Kost. Allerdings konnte er nicht länger als 45 Minuten im Rollstuhl sitzen.
Bei der nächsten Visite konnten wir dem behandelnden Hausarzt deutlich den Verlauf schildern und anhand der Dokumentationen belegen, dass sich ein Rezept für eine Physiotherapie und einen Rollstuhl lohnt.
Daraufhin bekam Herr Jürgen Physiotherapie und einen Rollstuhl.
Heute kann „unser“ Herr Jürgen alleine seine Getränke und Speisen zu sich nehmen. Er bekommt keine passierte Kost mehr, sondern ein Stück Fleisch oder Fisch, was er so gern isst. Er kann sich alleine im Rollstuhl fortbewegen und das Schönste ist, dass Herr Jürgen wieder gehen kann, wenn auch erst mal mit Unterstützung der Physiotherapeuten oder durch uns!
Die Pflege gestaltet sich inzwischen unkompliziert, dadurch das beide Seiten Vertrauen aufbauen konnten. Herr Jürgen hat neuen Lebensmut gefunden und dieses spiegelt sich auch in der täglichen Arbeit mit ihm immer wieder.
Zum jetzigen Zeitpunkt befindet sich Herr Jürgen in der REHA und wir alle sind gespannt und freudig was uns erwartet, wenn er wieder zurück nach „Hause“ kommt. Er selbst nennt unsere Einrichtung sein ZUHAUSE.
Das sind genau die Momente und Erfahrungen, die mich glücklich machen und warum ich gerne in der Pflege arbeite. Neben der tollen Entwicklung von Herrn Jürgen fand ich den starken Zusammenhalt im Team und das gemeinsame Ziel, was wir vor Augen hatten und an dem stetig gearbeitet wurde, sehr schön.

*Namen aus Datenschutzgründen geändert



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